
Sabine Hübner
Was wir von Fußball und Jürgen Klopp über Teamspirit und Führung lernen können.
Was ist Teamspirit wirklich?
Man sieht es auf dem Bolzplatz. In Menschmomenten, die unter die Haut gehen. Etwa, wenn der riesige Teenager „Toooor!“ über den ganzen Bolzplatz brüllt, sich den Fünfjährigen schnappt, der den Ball stolz ins Tor geschippelt hat, ihn hochhebt, herumwirbelt und feiert, als hätte er gerade den entscheidenden Treffer in einem Champions-League-Finale gelandet.
Ob sie sich kennen, sich mögen?
Egal. Zwei Herzensbrüder – ein Team.
Dieser Fußballmoment aus meiner Düsseldorfer Nachbarschaft passt so gar nicht in unsere Zeit mit ihrem Wir-gegen-Die-Denken, mit ihrem diffusen Alles-immer-schlimmer-Gefühl. Hier wird etwas gelebt, was wir gerade sehr brauchen: Eine ganz natürliche, bedingungslose Art von gegenseitigem Respekt, von Unterstützung und vor allem: von Lebensfreude. Seit ich das beobachtet habe, denke ich anders über Fußball. Vielmehr: Ich denke überhaupt an Fußball.
Stark sind wir nur zusammen
Eigentlich interessiert mich Fußball nur mittel. Und doch faszinieren mich die Menschen auf dem Platz – und neben dem Platz. Zum Beispiel Jürgen Klopp, der legendäre Trainer von Borussia Dortmund und FC Liverpool. „You’ll Never Walk Alone“, der inoffizielle Slogan des FC Liverpool, passt perfekt zu Klopps Philosophie: Stark sind wir nur zusammen. Da fragt man sich doch: Wie führt Klopp? Wie führt er die Jungs auf dem Platz so, dass sie zusammenhalten?
Hier meine fünf Thesen zum Thema Leadership
1. Fokus auf andere – nicht das eigene Ego
Klopp steht im Mittelpunkt, weil er leidenschaftlich ist, schlagfertig, kompetent – er steht da nicht, weil er sich in den Mittelpunkt gedrängt hätte. Das macht er nicht. Für ihn sind das Team, sind die Spieler, ihr Können und ihre Emotionen das Wichtigste. Er sagte einmal: „Es ist nicht so wichtig, was die Leute denken, wenn du kommst. Es ist viel wichtiger, was sie fühlen, wenn du gehst.“ Genau das macht Führung aus: Fokus auf Team und Motivation, nicht auf Ego und Reputation.
2. Vertrauen in die Power der Vielen –
gerade dann, wenn es eng wird
„Wir haben Pfeil und Bogen, und wenn wir gut zielen, dann treffen wir das Ziel“, findet Klopp.
Nur gebe es aber ein Problem:
„Bayern hat eine Bazooka.“
Und schon kommt der typische Klopp-Move,
Kommunikationsprofis würden es „Reframing“ nennen:
„Robin Hood war ziemlich
erfolgreich!“
Ich denke, von dieser Haltung können wir uns als Unternehmer und Führungskräfte etwas abschauen. Es gibt immer ein anderes Bild, eine andere Metapher, einen anderen Weg. Wenn wir gerade nicht hart kämpfen können, dann eben smart!
3. Empathie – nicht nur Härte
Fehler sind für Klopp eine normale Begleiterscheinung von Wachstum. Ein verlorenes Spiel ist für ihn „nur eine Information“, die nützlich ist, um beim nächsten Mal weiterzukommen. Fehler sind Lernmomente. Das sagt er nicht nur so, das lebt er so. Das nimmt man ihm ab. Gut so: Auch die härtesten Teamplayer brauchen nach Niederlagen Empathie.
4. Die Welle sehen – statt nur den Ball
Eine von Klopps bekanntesten Taktiken ist das „Gegenpressing“, bei dem das gesamte Team wie eine Welle auf den Gegner zurollt. Es erfordert viel Teamplay und Bewusstsein für das große Ganze – aus schierer Notwendigkeit. „Es geht nicht darum, eine Philosophie zu haben“, erklärt Klopp. „Es geht darum, sich der Qualität des Gegners anzupassen.“ Für Führungskräfte bedeutet das: Besser nicht nur auf das unmittelbare Problem (den „Ball“) oder die eigene Spielstrategie (die „Philosophie“) schauen, sondern immer das gesamte Umfeld im Blick haben – das Team, den Markt, den langfristigen Erfolg.
5. Familie lieben – und Familie groß denken
Eine der wohl stärksten Klopp-Kompetenzen ist seine Fähigkeit, eine familiäre Atmosphäre zu schaffen, ohne als Patriarch aufzutreten. Bei Liverpool hat er eine Kultur der emotionalen Verbundenheit etabliert, im Team, aber auch mit den Fans. Nach dem Motto: „Wir sind nicht allein auf diesem Planeten, und wir sollten auch nicht allein im Stadion sein.“ Genau so können Unternehmer und Führungskräfte ein Umfeld schaffen, in dem sich alle als Teil der „Familie“ fühlen: Mitarbeitende und (bitte nicht vergessen!) auch Kundinnen und Kunden.
Was wir uns vom Fußball abgucken können
Teamspirit ist viel mehr als Ertragen, dass da irgendwo noch Kollegen sind, um die man leider nicht herumkommt. Und Leadership ist mehr als das Setzen von Zielen und das Erzwingen von Ergebnissen. Langfristigen Erfolg gibt es nur mit Leidenschaft für das gemeinsame Tun, einem klugen Blick auf das große Ganze und mit einer Kultur, die auf Vertrauensvorschuss, bedingungsloser Unterstützung und unbändiger Freude an Erfolgen basiert – genauso wie es der große Junge auf dem Bolzplatz lebt, der einen fremden Fünfjährigen wie einen kleinen Bruder feiert.
Das, und das wird oft vergessen, ist in der Wirtschaftswelt nicht nur „nice“, das ist notwendig. Klopp sagt es so: „Wenn die Zuschauer Emotionen wollen, Du aber Rasenschach anbietest, muss sich einer von beiden ein neues Stadion suchen.“
Kernaussage:
Der Bericht betont, dass Teamspirit und erfolgreiche Führung weit über das bloße Erreichen von Zielen hinausgehen. Sie basieren auf einer Kultur des Respekts, der Empathie und des Vertrauens, wie es Jürgen Klopp im Fußball vorlebt. Führungskräfte sollten nicht nur das Team und dessen Stärken in den Mittelpunkt stellen, sondern auch Fehler als Lernmöglichkeiten begreifen und stets das größere Ganze im Blick behalten. Besonders wichtig ist es, eine familiäre Atmosphäre zu schaffen, in der sich alle – von Teammitgliedern bis zu Kunden – emotional eingebunden fühlen. Langfristiger Erfolg entsteht durch Leidenschaft, Gemeinschaftssinn und die Fähigkeit, auch in schwierigen Zeiten zusammenzuhalten. Diese Werte sind nicht nur wünschenswert, sondern essenziell, um in einer komplexen und oft herausfordernden Welt nachhaltig erfolgreich zu sein.