China vs. Europa – Business-Kulturen im Vergleich!

China und Europa sind wirtschaftlich eng verflochten, doch ihre Business-Kulturen könnten kaum unterschiedlicher sein.

China und Europa sind Partner und Rivalen zugleich.

Während sich Chinas Wirtschaft und Gesellschaft rasant wandeln,
bleibt die Zusammenarbeit mit Europa essenziell. Doch wie gut funktionieren
die unterschiedlichen Businesskulturen wirklich zusammen?

Seit meinem ersten Besuch in China vor ungefähr 15 Jahren hat sich vieles im Reich der Mitte verändert. Neben sichtbaren ökologischen und infrastrukturellen Fortschritten hat sich auch das Gesellschaftsgefüge stark gewandelt. Saßen früher nur Männer in schwarzen Anzügen am Verhandlungstisch, hat sich der Anteil an Frauen in Managementpositionen deutlich erhöht.

Die junge Generation trägt westliche Marken und strebt nach Sicherheit und Wohlstand. Das politische System gibt den Firmen die notwendigen Rahmenbedingungen zur nachhaltigen Entwicklung.

Mit der englischen Sprache kommt man mittlerweile sehr gut zurecht, auch außerhalb der Zentren wie Shanghai oder Peking. Sportarten wie Tennis und Basketball werden populärer.

Waren früher chinesische Zulieferer oft nur die verlängerte Werkbank westlicher Unternehmen, sind sie heute nicht nur wichtige Partner, sondern auch ernstzunehmende Konkurrenten auf den globalen Märkten.

Seit 1979 verbindet die EU und China eine Beziehung, die von gemeinsamen Interessen und Gegensätzen geprägt ist. Die aus Sicht der chinesischen Führung nicht erwünschten Einmischungen „von außen“, führten dazu, dass die chinesische Delegation erstmals ihre Teilnahme am jährlichen EU-China-
Gipfel im November 2008 absagte.

 

 

 

Rivalen oder Partner?

Infolgedessen bezeichnete die EU China in ihren internen Dokumenten als „Rivalen“ anstatt als „Partner“. Aus ökonomischer Sicht jedoch brauchen beide Wirtschaftsräume einander in intakter Verfassung.

Während der europäischen Schuldenkrise ab 2010 unterstützte China mehrere europäische Staaten durch den Kauf von Anleihen. Xi Jinping initiierte die stärkere Integration von Europa mit China durch das neue Seidenstraßen-Projekt.

Europäische Unternehmen investieren seit Jahrzehnten in den Wachstumsmarkt China, um vor allem Ressourcen und Marktzugänge zu sichern. Die EU und China waren in 2022 der jeweils größte Handelspartner des anderen.

Große Unterschiede auch in Europa

Trotz der wirtschaftlichen Verflechtung gibt es erhebliche Unterschiede in den Geschäftspraktiken zwischen China und Europa. Doch macht die soziokulturelle Vielfalt in Europa es nahezu unmöglich, eine einheitliche „europäische“ Geschäftskultur festzulegen.

Sind doch die Gepflogenheiten beispielsweise zwischen Italienern oder Deutschen anders oder die Unterschiede zwischen Franzosen und Ungarn deutliche. Deswegen werde ich mich darauf konzentrieren, die Besonderheiten der chinesischen Geschäftskultur näher zu beleuchten.
Nun, worin genau liegen die Besonderheiten?

Konfuzius und seine Legacy

Ein wesentliches Fundament der chinesischen Kultur ist die Strebsamkeit des Individuums, dass auf den Konfuzianismus zurückgeht. Schon in den Kaiser-Dynastien wurde ein effektives Beamtensystem auf Basis von Bildung und rigiden Prüfungen verankert.

Auch die außerordentlich lange Tradition der schriftlichen Überlieferungen zeichnet China aus.

Während der Jahre des Großen Sprungs nach vorn oder der Kulturrevolution war es für die Generationen nicht oberste Priorität, Bildung zu verfolgen, da diese Zäsuren andere Prioritäten verlangten.

Seit dem Start der Modernisierung des Landes durch Deng Xiaoping legt die neue Führungsgeneration jedoch wieder sehr großen Wert auf Bildung und darauf, etwas Wertvolles zu schaffen und sich persönlich weiterzuentwickeln.

Chinas Forschung & Entwicklung

Der Fokus auf den Konfuzianismus hat dazu beigetragen, dass das Land außerordentlich hohe Summen in Forschung und Entwicklung allokiert. Die eigenen Universitäten erhalten aufgrund ihrer intensiven Forschungsarbeit in neue Technologien steigende internationale Anerkennung.

Trotz der Rückbesinnung auf die eigene intellektuelle Tradition orientiert sich die junge Generation an den Trends der westlichen Industriestaaten. Sind es doch oft die im Ausland studierenden und in die Heimat zurückkommenden Chinesen, die das Land, vor allem als Forscher und Unternehmer mit neuen Ideen prägen.

Die dynamische Entwicklung im E-Automobilsektor ist für dessen Entwicklung beispielhaft.

Geschäftsbeziehung: Das „Ja“ und der Nutzen

Bedenken Sie, dass für eine erfolgreiche Geschäftsbeziehung das Vertrauen zwischen den Geschäftspartnern essenziell ist. In vergangenen Zeiten hörte ich immer, dass der Vertrag nichts wert ist, weil sich chinesische Geschäftsleute nicht an die Vereinbarung halten.

Es beginnt beim „Ja“ und dem „Einverstanden sein“. Grundsätzlich will das Gegenüber im Gespräch nicht sein Gesicht verlieren und tendiert daher immer „Ja“ zu sagen.

Der Hintergrund dafür ist das Konzept des Gesichts („Mianzi“), bei dem es darum geht, das Ansehen und die Würde einer Person zu bewahren. Damit die Person nicht in eine knifflige Situation gerät, vor allem vor anderen Kollegen, sollte eine Vereinbarung schriftlich festgehalten und mit ausreichend Zeit zur Prüfung versehen werden.

Gibt es dann keine Änderungen mehr, ist der erste Schritt in Richtung Vertragserfüllung getan.

Wenn man mit Menschen in unterschiedlichen Kulturen und Rechtssystemen Geschäfte macht, kann die Herangehensweise der Gegenseite eine andere sein.

Chinesen sind pragmatische Menschen. Treffen mit Geschäftspartnern sind oft detailliert und kommen schnell zur Sache, ohne ausschweifende Darstellungen, die missverstanden werden könnten.

Bedenken Sie, dass sich ein eindeutiger Nutzen aus der Geschäftsbeziehung für die chinesische Seite ergeben muss. Andernfalls wird das Gegenüber aufgrund der großen Anzahl an Alternativen sehr schnell anderswo fündig.

 

Die Begeisterung des chinesischen
Teams steckte uns an,

und wir begannen selbst, nach der Fehlerursache zu suchen.

 

Mercedes Maybach vs. schwarze Anzüge

Bei meinem letzten Besuch in China, fünf Regionen in sieben Tagen und fast so viele unterschiedliche regionale Kulturen, waren mein Team und ich bei den Gesprächen mit verschiedenen Konstellationen konfrontiert.

Beim ersten Treffen saßen wir einem jungen erfolgreichen Entrepreneur gegenüber, der sein Unternehmen in den letzten 20 Jahren zu einem der globalen Player im jeweiligen Markt aufgebaut hat.

Er war modern westlich gekleidet, lässige Jacke und Jeans. Die Zusammensetzung seines Teams spiegelte das moderne China wider, indem das Gespräch mit uns von einer jungen Dame in perfektem Englisch geführt wurde.

Nach Abschluss der Meetings ging es zum Abendprogramm. Hierzu wurden wir nicht von einem Fahrer im üblichen Business-Van, sondern vom Unternehmer persönlich in seinem Mercedes Maybach zum Hotel gebracht.

Gleich beim Einstieg in das Auto betonte er, dass in China sehr großer Wert auf Statussymbole gelegt wird und man zeigt, was man hat. Dies bestätigte sich beim Besuch eines weiteren Lieferanten, der eine getunte Mercedes G-Klasse fuhr.

Ein anderes Beispiel war der Besuch bei einem Lieferanten, das im klassischen Format, wie in der Vergangenheit ablief. Die Hierarche war klar ausgelegt.

Mit dem Patron des Unternehmens in der Mitte, im schwarzen Anzug, flankiert von seinen Adjutanten, keiner Frau im Team und einen Englisch-Übersetzer zur Überbrückung der sprachlichen Barriere.

Im Vergleich zum vorigen Szenario war hier sehr wichtig, die Ausführungen der chinesischen Seite abzuwarten, und das Vertrauen zwischen ihm und mir als Geschäftsführer aufzubauen.

Auch beim folgenden Geschäftsessen sollten wir die aufgetischten Gerichte zumindest probieren und mehrmals mit dem Patron auf unsere Gesundheit mit hochprozentigem Getränken anstoßen. Denn eines war klar, ohne die Zustimmung des Patrons würde nichts funktionieren.

Lösungen gemeinsam finden

Achten Sie darauf, dass in der Zusammenarbeit oft auch die Kommunikation und die Kombination der Stärken entscheidend sind. Mein Unternehmen hatte ein Qualitätsproblem mit einem Produkt, dass von uns in der Vergangenheit entwickelt, aber vom chinesischen Zulieferer seit geraumer Zeit produziert wurde.

Aufgrund der Schwere des Problems hatten wir uns nach langem Hin und Her per Email entschlossen, den Partner vor Ort zu besuchen. Gleich nach Ankunft besprachen wir das Problem mit dem chinesischen Produktteam, um die Problemstellung zu definieren.

Im Anschluss wurden alle im Produktionsprozess relevanten Mitarbeiter umgehend hinzugezogen, um an einer Lösung zu arbeiten. Die Fokussierung, die Kohärenz sowie die Ausdauer im chinesischen Team waren beeindruckend.

Auffallend jedoch war, dass die Lösungsansätze eindimensional gedacht wurden und der Denkprozess relativ rasch an seine Grenzen stieß.
Nach einiger Zeit ließen wir uns von der Begeisterung des chinesischen Teams anstecken und begannen selbst über die Fehlerursache nachzudenken.

Mit der in uns getragenen Selbstverständlichkeit neue Wege zu finden und Dinge selbst entscheiden zu können, starteten wir damit, das Problem von Grund auf zu überdenken.

Durch die Nutzung der vor Ort befindlichen Messwerkzeugen im Labor konnten wir rasch ein Fehlerbild und einen Aufschluss über die Ursache geben. Ergebnis war, dass wir durch diese Arbeitskonstellation die Wahrscheinlichkeit der Problemlösung erheblich erhöht hatten.

Fazit:

In der Zusammenarbeit mit chinesischen Unternehmen sollten wir die Gepflogenheiten beachten, um eine langfristige, profitable Geschäftsbeziehung zu entwickeln.

Im Vergleich zur chinesischen Strebsamkeit steht das gesättigte Europa gegenüber. China orientiert sich an einer 5-Jahres-Wachstumsplanung und der Stärkung seiner Gesellschaft.

Europa kämpft dagegen mit einer stagnierenden Wirtschaftsleistung und mit der Verschiebung im sozialen Gefüge. Politisch zwiegespalten spricht der komplexe Wirtschaftsraum nicht mit einer Stimme.

Europa muss jedenfalls seine alten Tugenden wie Fleiß, Innovationsdurst oder Risikofreude im Geschäftsalltag wieder aufleben lassen. Verknüpfen wir die jeweiligen Stärken des anderen. Nutzen wir die Dynamik auch unserer jungen Generation, die den zukünftigen Herausforderungen mit der notwendigen Offenheit, guter Bildung und Dynamik begegnet.

Die Erfahrung zeigt, dass die Unternehmen beider Seiten sehr wohl dieselben Interessen haben. Schließlich sind Respekt und Wertschätzung die Schlüssel zu einer Zusammenarbeit auf Augenhöhe.

 

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