Mehr als Kapital – so machen Business Angel Start-ups groß

Was treibt Business Angel wirklich an? Im Interview spricht Thomas Knaack Vorstandmitglied im Business Angels Deutschland e.V. über Mut, Menschen, Märkte – und warum Top-Kandidaten mehr brauchen als Kapital.

Das exklusive Interview mit Vorstandsmitglied des Business Angels Deutschland e.V. Thomas Knaack

Business Angels Deutschland e.V. (BAND) ist seit über zwei Jahrzehnten das Sprachrohr und Netzwerkzentrum für Business Angels und innovative Start-ups in Deutschland.

Als anerkannter Dachverband gestaltet BAND das deutsche Business
Angel Ecosystem aktiv mit, fördert Erfahrungsaustausch und Kooperationen – und setzt sich für eine nachhaltige Finanzierungskultur ein.

Unter der Schirmherrschaft des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie verbindet BAND Kapital, Know-how und neue Finanzierungsformen und stärkt so die Zukunftsfähigkeit des Innovationsstandorts Deutschland.

Um noch tiefer zu verstehen, was Business Angels eigentlich sind und wie sie funktionieren, sprechen wir mit dem Vorstand von BAND.
Im persönlichen Gespräch wollen wir erfahren, wie Business Angels junge Unternehmen konkret unterstützen, welche Rolle sie im Finanzierungsprozess spielen und welche praxiserprobten Methoden und Erfolgsfaktoren sich bewährt haben.

Herr Knaack, wenn Sie zurückblicken: Was hat Sie ursprünglich dazu bewogen, sich als Business Angel zu engagieren? Gab es einen bestimmten Moment oder eine Erfahrung, die den Ausschlag gab?

Ich bin in einer Unternehmerfamilie aufgewachsen – Unternehmertum war für mich nie nur ein Beruf, sondern Teil der DNA. Außerdem durfte ich während meines Studiums am Gründungslehrstuhl in Köln durch die Beobachtung und Begleitung von Gründern und Unternehmern mitbekommen, wie viel Mut, Durchhaltevermögen und Innovationskraft nötig sind, um ein Unternehmen aufzubauen und erfolgreich zu führen. Nach eigenen unternehmerischen Stationen und Erfolgen war für mich klar, dass ich mein Wissen und meine Erfahrungen weitergeben möchte.

Wer als Business Angel starten will,

sollte sich früh vernetzen und von den

Erfahrungen der Community profitieren –

gemeinsam erreicht man mehr.

Business Angels sind ja oft mehr als nur Geldgeber. Wie würden Sie Ihre Rolle als Mentor und Ratgeber für Start-ups beschreiben – gibt es da vielleicht eine Anekdote, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?

Absolut – als Business Angel hat man ja ein Renditeinteresse und sucht langfristig kommerziell tragfähige Geschäftsmodelle.

Doch geht es mir nie ausschließlich nur ums Kapital. Ich sehe mich vielmehr als Sparringspartner, der auf Augenhöhe mit den GründerInnen spricht, der mitdenkt, kritisch hinterfragt und auch mal unbequeme Fragen stellt.

Eine klare und ehrliche Sprache, egal ob bei der Betrachtung der Stärken und Schwächen z.B. bei Produkt und Vertrieb oder auch bei strategischen Weichenstellungen, der Investorensuche und v.a. in persönlichen Stresssituationen sind hierbei meine Erkennungsmerkmale.

Ein Erlebnis ist mir besonders im Kopf geblieben: Ein Gründerteam stand vor einer wichtigen Finanzierungsrunde und mir war klar, daß es für den nächsten Wachstumsschritt dieses Team neu aufgestellt, wenn nicht sogar teilweise ausgetauscht werden musste.

Also eine echte Herausforderung für jeden einzelnen Gründer – zwischen gemeinsamer Vision und persönlichen Erwartungen sowie möglicher Trennung.

Ich habe damals mit anderen Business Angels und Gesellschaftern in Einzelgesprächen und Teamsitzungen viel Zeit investiert, um zuzuhören und moderierend mitzuwirken. Am Ende haben sie mit der nötigen Klarheit entschlossen, einzelne Positionen neu zu besetzen.

In solchen Momenten merke ich, dass es oft weniger um die perfekte Excel-Tabelle oder Investmentstory geht, sondern darum, mit der nötigen Erfahrung Menschen Orientierung zu geben.

Was reizt Sie persönlich am Business Angel
Investing im Vergleich zu anderen
Anlageformen?


Mich reizt vor allem der direkte Bezug zum unternehmerischen Wirken. Im Gegensatz zu anonymen Anlageformen – wie Aktien oder Fonds – investiere ich hier nicht nur Geld, sondern auch Zeit, Know-how und Herzblut.

Es ist eine sehr lebendige und dynamische Form der Beteiligung – man bekommt hautnah mit, wie Ideen wachsen, sich Teams entwickeln und Märkte verändert werden.

Das ist für mich nicht nur spannend, sondern auch sinnstiftend i.S. Impact Investing. Und ja, es ist eine sehr riskante Anlageform, für die man eine gute Portfoliostrategie benötigt und bei der man zusätzlich neben einer finanziellen Rendite mit einer hohen emotionalen Rendite belohnt wird.

Man hört oft, dass der „Fit“ zwischen Gründer und Investor entscheidend ist. Worauf achten Sie besonders, wenn Sie ein neues Team kennenlernen, und was macht für Sie eine gute Zusammenarbeit aus?

Das Team ist für mich das wesentliche Entscheidungskriterium für eine Investition und der persönliche Fit ist für mich daher tatsächlich das A und O.

Die beste Idee bringt nichts, wenn das Vertrauen zwischen Gründerteam und Investor nicht stimmt. Ich achte besonders darauf, wie reflektiert ein Team ist, dass die Chemie stimmt, und dass man ehrlich miteinander sprechen kann – auch und gerade wenn’s mal schwierig wird – das kommt immer vor!

Business Angels Deutschland ist ja eine wichtige Institution. Was würden Sie sagen, ist das Besondere an der BAND-Community – was unterscheidet sie von anderen Netzwerken?

BAND ist der Dachverband der Frühphaseninvestoren in Deutschland. Wir setzen uns einerseits politisch für bessere Rahmenbedingungen für Startup-Investitionen ein, andererseits unterstützen wir bestehende Netzwerke und begleiten den Aufbau neuer Investorennetzwerke.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der überregionalen Vernetzung der Frühphaseninvestoren sowie auf der Bereitstellung von Diskussionsplattformen und Arbeitskreisen zu rechtlichen, steuerlichen und finanztechnischen Fragen rund um Startup-Investments.

Als Dachverband sehen wir es als unsere zentrale Aufgabe, das Frühphasenökosystem in seiner Gesamtheit zu stärken und weiterzuentwickeln

Welche Veränderungen haben Sie im deutschen
Start-up-Ökosystem in den letzten Jahren beobachtet, und wo sehen Sie die größten Chancen und Herausforderungen für Business Angels in der Zukunft?

Venture Capital als Asset-Klasse ist dadurch charakterisiert, dass das hohe Ausfallrisiko auf der einen Seite von den vergleichsweise wenigen, dafür aber sehr erfolgreichen Gründungen auf der anderen Seite überkompensiert wird.

Das verstehen in der deutschen Öffentlichkeit und Politik weiterhin zu wenige Menschen. In Konsequenz werden z.B. in den USA, dem Vereinigten Königreich oder auch Schweden das zwei- bis dreifache des BIP in Startups investiert. Darunter leidet die Innovationsfähigkeit unseres Landes.

Unsere Gesellschaft muss lernen, dass sich das Eingehen von Risiken, Gründergeist und “einfach mal machen” lohnen.

Doch es gibt Grund zum Optimismus: Der aktuelle Koalitionsvertrag der Bundesregierung verspricht eine viel stärkere Unterstützung für Start-ups und will Bürokratie abbauen. Bereits die Vorgängerregierung hat z.B. mit der WIN-Initiative eine vielversprechende Initiative auf den Weg gebracht, mehr Risikokapital zu mobilisieren.

Es ist eine zentrale Aufgabe für BAND und die Business Angels, deutlich zu machen, dass dieser eingeschlagene Weg weiterverfolgt werden muss und sich lohnt. Insbesondere sieht sich BAND als die Stimme der Frühphase, denn nur wenn am Anfang erfolgreich gesäht wird, kann man später viel ernten!

Als stellvertretender Vorsitzender von BAND haben Sie ja sicher viele Einblicke. Gibt es etwas, das Sie sich für die Rahmenbedingungen für Start-ups und Investoren in Deutschland wünschen würden?

Deutschland steht im internationalen Wettbewerb um die besten Köpfe und Kapital. Wir müssen daher in Deutschland endlich Rahmenbedingungen schaffen, die den Standort für Startups und ihre Kapitalgeber deutlich attraktiver machen.

Drei Beispiele:

Erstens: Man kann einem internationalen Investor nicht erklären, warum man für jede Kapitalerhöhung oder einen Anteilsverkauf bei einer GmbH zum Notar muss. Der investiert dann doch lieber in England oder Finnland oder der Schweiz, da reicht ein Docusign.

Zweitens: Andere Länder, ich nenne beispielhaft wieder die USA und das Vereinigte Königreich, bieten steuerliche Incentives für Investoren, die ein Investment in Start-ups viel attraktiver als in Deutschland machen.

Drittens: Mitarbeiterbeteiligungen sind für Startups essentiell, um diese langfristig zu binden und attraktive Gehaltspakete schnüren zu können. Auch hier agiert Deutschland weiterhin international nicht wettbewerbsfähig. Die steuerlichen Risiken sind zu hoch und die Prozesse komplex.

Das Rotonda Investor Office ist ja Ihr eigenes Projekt. Was war die Vision dahinter, und wie hat sich das Office seit der Gründung entwickelt?

Die Idee hinter dem Rotonda Investor Office war, eine Plattform zu schaffen, die Business Angels, Family Offices und institutionelle Investoren strukturiert mit innovativen Start-ups oder auch Unternehmen, die vor einer Nachfolgeherausforderung stehen, zusammen zu bringen.

Und auf eine Weise, die mehr als ein klassisches Pitch-Event ist: Es geht uns um echte Qualität, um langfristige Beziehungen und darum, Wissen, Kapital und Netzwerk klug zu kombinieren.

In der Praxis haben wir sehr schnell gemerkt, wie groß der Bedarf an dem Thema Venture Capital ist:

  • wie finde ich die passenden Unternehmen, die richtigen Co-Investoren und
  • wie begleitet man gemeinsam die Unternehmer/die Gründerteams in den anstehenden Phasen.

Seit der Gründung hat sich das Rotonda Investor Office kontinuierlich weiterentwickelt: Heute bieten wir nicht nur kuratierten Dealflow, sondern v.a. viele Finanzierungsformen wie Fremdkapital und Fördermittel.

Zum Schluss: Was würden Sie jungen Gründerinnen und Gründern raten, die auf der Suche nach einem Business Angel sind – was sollten sie mitbringen und wie können sie den richtigen Investor für sich gewinnen?

Es müssen mehrere Kontaktpunkte zum gewünschten Angel gesucht werden, bloß keine Cold Mails, sondern möglichst warme Intros und noch besser Empfehlungen.

Wer einen Angel für sein Start-up sucht, aber keinen persönlich kennt, der wendet sich am besten direkt an die Mitgliedernetzwerke von BAND.

Ein Verzeichnis findet sich auf unserer Webseite. Die Netzwerke führen regelmäßig Pitchveranstaltungen durch, zu denen man sich bewerben kann. ____

Herzlichen Dank, Herr Knaack, für das offene und klare Gespräch. Wer jetzt Interesse hat, selbst als Business Angel aktiv zu werden, sollte einfach direkt Kontakt zu BAND und Herrn Knaack aufnehmen. So erfährt man aus erster Hand, wie der Einstieg gelingt und welche Schritte konkret zum Start ins Netzwerk führen.

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